Gute und schlechte Entscheidungen beeinflussen den Unternehmenserfolg. Kaum jemand würde dies ernsthaft bestreiten. Es stellt sich also die Frage was Unternehmen tun können, um möglichst viele gute Entscheidungen zu treffen und auch umzusetzen. Und: Man kann nicht nicht entscheiden!
Im letzten Blog über die „Controller-Funktion im Wandel“ bezeichneten wir Controlling auch als Entscheidungsunterstützungsfunktion des Managements. Eine Definition, kurz und knackig, welche die Kernaufgabe gut beschreibt.
Auf die berechtigte Frage „was braucht es aber, um in Unternehmen gute Entscheidungen zu treffen?“ hatten wir spontan keine gute Antwort bereit. Es muss doch Methoden geben, welche die Wahrscheinlichkeit guter Entscheidungen erhöhen?
Selbstverständlich nehmen wir für vieles eine Gebrauchs- oder Bedienungsanleitung zur Hilfe. Wir tun dies zum Beispiel, um rasch, unfallfrei und ohne Beschädigung ein Gerät zu bedienen. Unternehmen regeln in Weisungen und Richtlinien wie Mitarbeitende in bestimmten Situationen vorgehen sollen oder müssen. Damit können Qualitätsstandards gesichert oder Unternehmensabläufe beschleunigt und koordiniert werden. Und für Entscheidungsprozesse?
Besonders in Unternehmen, welche in hochspezialisierten und dynamischen Märkten aktiv sind, können viele Entscheidungen kaum mehr zentral gefällt werden. Dazu fehlen oft Spezialkenntnisse, Ressourcen und Zeit.
Gibt es ein Rezept für gute Entscheidungen? Wie schafft das Top-Management optimale Voraussetzungen, damit Mitarbeitende gute Entscheidungen treffen können?
Elemente guter Entscheidungen
Auf der Suche nach einem systematischen Ansatz für Entscheidungen fanden wir das Buch von Bain & Company „Decide & Deliver“ sehr interessant. Ihr theoretischer Ansatz zur Bewertung von Entscheidungen lautet:
Entscheidungs-Score = Qualität × Geschwindigkeit × Umsetzung − Aufwand |
- Qualität: Sie lässt sich erst im Nachhinein abschliessend beurteilen. Sicherlich gilt, dass gute Entscheidungen auf relevanten Fakten basieren und nicht auf Meinungen oder Rätselraten.
- Geschwindigkeit: Absolut oder im Vergleich zur Konkurrenz.
- Umsetzung: Grad der Implementierung des Entscheides.
- Aufwand: Zeit, Kosten und Energie für die Entscheidungsfindung.
Bei der Beurteilung des Erfolgs von Entscheidungen geht es vor allem um die Berücksichtigung aller vier Elemente, während die exakte Berechnung keine Rolle spielt. Entsprechend wird zum Beispiel ein nicht umgesetzter Entscheid sogar zu einem negativen Score führen. Auch zu spät getroffene Entscheidungen sollen keine volle Punktzahl erreichen können.
Vier Schlüsselfragen für bessere Entscheidungen
Die Klärung und Beantwortung der folgenden vier Fragen sind essentiell für gute Entscheidungen:
- Welche Entscheidung soll getroffen und umgesetzt werden?
- Wer spielt im Entscheidungsprozess eine wichtige Rolle und vor allem: Wer entscheidet und trägt die Gesamtverantwortung (siehe CRIADO-Methode unten)?
- Wie soll die Entscheidung getroffen und umgesetzt werden?
- Wann soll die Entscheidung getroffen werden?
Entscheidungs-Rollen mit „CRIADO-Methode“ bestimmen
In Unternehmen sind oft mehrere Funktionen von einem Entscheid betroffen. Zudem können verschiedene Funktionen einen wesentlichen Beitrag zur Entscheidungsfindung leisten. Die CRIADO-Methode hilft bei der Bestimmung der Rollen und Verantwortlichkeiten. Es müssen nicht immer alle Rollen bestimmt werden, denn oft ist es auch sinnvoll eine Rolle aus Zeit- oder Kostengründen nicht zu besetzten.
C = Contribute → Wer trägt mit welchen Fakten zur Entscheidungsfindung bei? R = Recommend → Wer empfiehlt was entschieden werden soll? I = Implement → Wer ist für die Umsetzung der Entscheidung zuständig? A = Agree → Wer muss der Entscheidung ebenfalls zustimmen, z.B. Quality, Finanzen etc.? D = Decide → Wer entscheidet ultimativ und trägt die Gesamtverantwortung? O = Onboard → Wer ist formell nicht involviert, hat aber viel Einfluss auf Entscheidung und Umsetzung? |
Für standardisierte und sich regelmässig wiederholende Entscheidungen (z.B. Preisfestsetzung, Strategie oder Auswahl neue Mitarbeitende) kann eine Entscheidungs-Matrix erstellt werden (auch Funktionen-Diagramm genannt).
Fokus auf kritische Entscheidungen
Alle Mitarbeitenden einer Unternehmung treffen täglich unzählige Entscheidungen. Viele haben nur einen geringen Effekt auf die Gesamtperformance. Bei der Auswahl der kritischen Entscheidungen kann man sich einerseits an der Bindungen von Management Ressourcen bis zur Entscheidungsfindung orientieren (z.B. viele Beteiligte) oder andererseits am Entscheidungswert.
Der Entscheidungswert ist die finanzielle Differenz zwischen einem guten und einem schlechten oder keinem Entscheid (value at stake). Es lassen sich zwei Kategorien unterscheiden:
- Grosse Entscheidungen von enormem Wert (z.B. Erschliessung neuer Markt) und
- Sich häufig wiederholende kleinere Entscheidungen, welche über die Zeit einen wesentlichen Wert annehmen (z.B. Preissetzungen und Rabatte).
Die Werte müssen nicht genau berechnet werden. Die Schätzung der Grössenordnung soll als Richtschnur dienen, um eine Auswahl zu treffen.
Entscheidungs-Controlling
Nicht überraschend empfiehlt sich auch ein Controlling der Entscheidungen. Diese können klassisch geplant, überwacht und gesteuert werden. Dabei gibt es logischerweise auch Entscheidungen, welche kurzfristig z.B. aufgrund geänderter externer Faktoren relevant werden.
Der Erfolg jeder einzelnen Entscheidung lässt sich erst nach der Umsetzung messen. Mithilfe der „Decision Scorecard“ kann der Entscheidungs-Score anhand der vier Elemente Qualität, Geschwindigkeit, Umsetzung und Aufwand bestimmt werden.
Die Fähigkeit einer Organisation insgesamt gute Entscheidungen zu treffen, lässt sich mit einer „Organisation Scorecard“ analysieren. Diese beurteilt Faktoren, welche gute Entscheidungen positiv oder negativ beeinflussen, wie z.B. Qualität der Informationen, Rollenbesetzung durch geeignetste Mitarbeitende, Prioritätensetzung oder Entscheidungs- und Fehlerkultur.
Welches sind die kritischen Entscheidungen in deiner Unternehmung?
Die angehängte Liste enthält eine Auswahl von Entscheidungen, welche üblicherweise in Unternehmen zu treffen und umzusetzen sind. In Anlehnung an das Neue St. Galler Management-Modell ist sie unterteilt in einerseits „Managementprozesse“ und anderseits „Geschäfts- & Unterstützungsprozesse“.
Welche Entscheidungen wirst du in den nächsten 3 Monaten treffen? Hast du günstige Voraussetzungen für gute Entscheidungen geschaffen? Könntest du CRIADO bestimmen und wissen die Personen was du von ihnen erwartest? Viel Erfolg!
Beilage: Entscheidungs-Matrix
Literaturtipps:
- Marcia W. Blenko, Michael C. Mankins, Paul Rogers: Decide & Deliver. 5 Steps to Breakthrough Performance in your Organization, Bain & Company 2010
- Johannes Rüegg-Stürm: Das neue St. Galler Management-Modell; Haupt Verlag 2002
Vom Blog „Better Controlling“ inspirieren lassen
Angespornt von der erfolgreichen Umsetzung komplexer Vorhaben, entwickeln und promoten wir ein wirksames Controllingsystem als integraler Bestandteil von Organisationen. Das System basiert auf konkreten Erfahrungen und praxiserprobten Lösungen und Hilfsmitteln. Dazu führen wir Spezialisten und Anwender in einem Netzwerk zusammen – zur Erweiterung und Vertiefung von Wissen und Know-how.
© BETTER CONTROLLING / Autoren: Dimo Gehrig, Renate Moeckli
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Als PDF herunterladen: Vermeide schlechte Entscheidungen (Post #6)